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Auf dem Schirm

Energie von hier und Marktgeflüster

Die Wärmewende solidarisch gestalten: Warum der Kampf um Abwärmequellen uns alle betrifft

Moin, liebe Kundinnen und Kunden,

liebes Hennigsdorf,

heute möchte ich in unserer Reihe “Auf dem Schirm” ein Thema aufgreifen, das uns als Wärmeversorger, aber auch Wärmekundinnen und -kunden in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird: der zunehmende Wettbewerb um Abwärmequellen, insbesondere aus Müllverbrennungsanlagen. Die Transformation der Fernwärme hin zu klimafreundlichen Lösungen bringt neue Herausforderungen mit sich – und ich bin überzeugt, dass wir diese nur gemeinschaftlich und solidarisch bewältigen können.

Der Wettlauf um die Abwärme

Seit dem Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) stehen Energieversorger unter enormem Druck, die Wärmenetze zu dekarbonisieren. Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu klimafreundlichen Alternativen heißt die Devise. Und plötzlich sind Abwärmequellen heiß begehrt – vor allem kostengünstige, die als erneuerbare Energie angerechnet werden können.

Besonders attraktiv erscheinen dabei Müllverbrennungsanlagen. Nach dem aktuellen Wärmeplanungsgesetz wird deren Abwärme zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie gleichgesetzt, sofern die Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eingehalten werden. Das führt dazu, dass Wärmeversorger bundesweit um diese günstige Wärmequelle konkurrieren. Große Versorger sichern sich Verträge mit Müllverbrennern, auch wenn diese weit entfernt liegen – während lokale oft kleine Kommunen das Nachsehen haben könnten.

Die Krux mit der Müllverbrennung

So verlockend die Nutzung von Abwärme aus Müllverbrennungsanlagen wirtschaftlich sein mag, sie ist nicht unumstritten. Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) warnt eindringlich: “Die Gleichsetzung von Abwärme aus Müllverbrennungsanlagen und erneuerbarer Energien ist willkürlich, falsch und wird dazu führen, dass wieder mehr Abfälle verbrannt werden und damit mehr CO₂ freigesetzt wird”.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Der Restmüll in Deutschland besteht weiterhin zu mehr als zwei Dritteln aus Wertstoffen, die durch die thermische Verwertung verloren gehen. Durch Anreize für mehr Müllverbrennung stehen zwangsläufig weniger Abfälle für das Recycling zur Verfügung. – ein diametraler Widerspruch zum Grundgedanken der Kreislaufwirtschaft, bei der Recycling vor der thermischen Verwertung stehen sollte.

Alternative Wärmequellen in den Blick nehmen

Bei all dem Fokus auf Müllverbrennung geraten andere vielversprechende Wärmequellen manchmal aus dem Blick. Geothermie beispielsweise könnte laut Bundesverband Geothermie zwischen 700 und 900 TWh pro Jahr des deutschen Wärmebedarfs abdecken. Auch Flusswärme birgt enormes Potenzial – eine Studie aus Bayern zeigt, dass dort bis zu 340 Terawattstunden jährlich gewonnen werden könnten. Deutschland hat einen Wärmebedarf von etwa 1.400 TWh.

In Mannheim versorgt bereits eine Flusswärmepumpe rund 3.500 Haushalte mit Fernwärme aus dem Rhein, und in Köln entsteht bis 2027 die größte Flusswärmepumpe Europas mit einer geplanten Kapazität für 50.000 Haushalte. Auch die industrielle Abwärme bietet große Chancen – in Leipzig werden künftig 70 Millionen Euro Fördermittel eingesetzt, um Abwärme aus einer Raffinerie nutzbar zu machen und dadurch langfristig etwa 3 Millionen Tonnen CO₂ einzusparen. Und auch in Hennigsdorf können wir bereits seit Jahren auf Prozesswärme aus dem Stahl- und Walzwerk zurückgreifen, mit allen Höhen und Tiefen.

Wärme ist keine Handelsware – für einen solidarischen Ansatz

Was mir persönlich am Herzen liegt: Wärme sollte dort genutzt werden, wo sie entsteht. Es kann nicht sein, dass nur finanzstarke Versorger Zugang zu günstigen Quellen erhalten, während andere leer ausgehen. Für eine gelingende Wärmewende braucht es neue Formen der Zusammenarbeit – solidarisch, gemeinschaftlich und über Gemeinde- und Landesgrenzen hinaus. Kommunen mit Zugang zu mehreren günstigen Quellen sollten einen Solidarbeitrag leisten, während Regionen mit weniger Potenzial gezielt unterstützt werden. Nur so lässt sich die Transformation gerecht gestalten. Dafür braucht es einen übergeordneten Blick auf sinnvolle Erzeugungsstrukturen – und keinen Wettlauf um die jeweils beste Einzellösung.

Gemeinsam für eine gerechte Wärmewende

Bei den Stadtwerken Hennigsdorf setzen wir uns für diesen solidarischen Weg ein. Wir glauben, dass die Wärmewende nur gelingen kann, wenn wir sie gemeinschaftlich gestalten und niemanden zurücklassen. Das bedeutet auch, die verschiedenen Technologien – von der Geothermie über Flusswärmepumpen bis zur industriellen Abwärme – dort einzusetzen, wo sie regional am sinnvollsten sind. Oder auch gemeinsam gedachte Lösungen, die über kommunale Grenzen hinausgehen.

Die Dekarbonisierung unserer Wärmenetze ist eine gewaltige Herausforderung, aber auch eine Chance für mehr Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Stadtwerken und Industrie. Ich bin gespannt, wie sich die Diskussion um die Wärmewende weiterentwickelt. Ich glaube fest daran, dass am System gar nicht so viel geändert werden muss. Ein paar Stellschrauben bei den Fördermitteln, ein wenig Solidarität zwischen den Versorgern und ein weitreichender Blick der Politik mit der nächsten Gesetzesnovelle und ein wenig mehr Fairness ist die Folge. Das sollte zu schaffen sein, oder?

Bis zum nächsten Mal – bleiben Sie uns gewogen!

 Ihr Christoph Schneider
Geschäftsführer Stadtwerke Hennigsdorf

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